News Details

Ist die Zitrone gelb oder eine Frucht?

Diese Frage machte mir an einer Weiterbildung deutlich, dass es unter Christen oft Fundamentalismus im Sinn von binärem Denken, Reduktion und Kategorisierung gibt. Das ist weder hilfreich für ein gutes Miteinander noch für die gute Qualität einer christlichen Gemeinde. Ich plädiere dafür, die Freiheit, Mündigkeit und Verantwortung der Christen einer Gemeinde zu stärken.

Das können wir insbesondere dadurch erreichen, dass wir uns auch ausserhalb der «christlichen Käseglocke» Bereichen des Lebens zuwenden. Es ist unser Auftrag, uns auch für Menschen ausserhalb der kirchlichen Veranstaltungen zuzuwenden, Kontakte zu pflegen, ihnen die Liebe Gottes und die Freiheit des Glaubens weiterzugeben und nicht nur unsere Veranstaltungen zu professionalisieren.

Ich bin durchaus für Professionalität! Es ist (fast) nichts schlimmer, als sich in einem Gottesdienst oder einem christlichen Anlass fremdschämen zu müssen. Wir dürfen den Fokus aber nicht nur darauf richten. Bei uns Christen, zumindest den engagierten, ist ein permanentes Wachstum wichtig. Während in unserer begrenzten Welt nichts unendlich ist, ist das beim Glauben an Jesus anders. Wachstum im Glauben ist nicht linear. Durch Schwierigkeiten, Schmerzen und Herausforderungen und primär an der Orientierung an Jesus ist ein lebenslanges Wachstum im Glauben möglich und anzustreben.

Auch in unserem Bund wünsche ich mir ein solches Wachstum. Ein Hilfsmittel dazu ist «NGE» (Natürliche Gemeinde Entwicklung). Dieses Tool wurde seit gut zwei Jahrzehnten in über 40’000 Gemeinden weltweit angewandt und wird laufend weiterentwickelt. Falls dieser Prozess konsequent umgesetzt und die Erkenntnisse verinnerlicht werden, ist ein Wachstum sehr wahrscheinlich. Bei den Beratungen auf der NGE-Grundlage kommen oft auch Punkte zum Vorschein, die sonst nicht entdeckt worden wären und können angegangen und korrigiert werden.

Sind die folgenden Bereiche ausgewogen, wachsen Gemeinden – unabhängig von ihrer Kultur, Theologie und Grösse – mit nachweisbar höherer Qualität:

Bevollmächtigend leiten

Es geht um Leiter, die sich vor allem darum bemühen, anderen Menschen zu dem Platz im Leben zu verhelfen, der ihnen nach Gottes Plan zugedacht ist. Solche Leiter befähigen, unterstützen, motivieren und begleiten die Menschen in ihrem Umfeld und wissen, dass Gott für jeden von ihnen eine Berufung hat.

Gabenorientierte Mitarbeiterschaft

Gott hat jedem von uns einzigartige Fähigkeiten geschenkt. Er hat eine Idee für das Leben und unseren Platz darin – und er hat für jeden von uns ganz spezielle Aufgaben in seiner Gemeinde. Daraus erwächst die Verantwortung, diese von Gott geschenkten Gaben zu entdecken und zu entwickeln.

Leidenschaftliche Spiritualität

Lebendige und leidenschaftliche Spiritualität ist keine Frage spezieller Ausdrucksformen, sondern die zentrale Frage nach unserer Antenne für Gott, nach dem Weg, auf dem Gott uns entgegenkommt und auf dem er uns ganz persönlich in unserem Leben begegnet. Dieser Weg kann sehr unterschiedlich aussehen.

Zweckmässige Strukturen

Die Strukturen der Gemeinde sollen zweckmässig sein. Nur weil Strukturen über Jahre so gewachsen sind, bedeutet es noch lange nicht, dass sie auch zweckmässig, lebensfördernd sind und kreative Freiräume schaffen.

Inspirierende Gottesdienste

Nicht auf eine bestimmte Sprache, Liturgie, Musik oder einen besonderen Kirchenbau kommt es an. Entscheidend ist, ob der Besuch des Gottesdienstes eine inspirierende Erfahrung ist.

Ganzheitliche Kleingruppen

Gehen Kleingruppen auf die wirklichen Fragen der Teilnehmer ein? Und ziehen die Antworten aus der Kleingruppe Kreise im Alltag dieser Menschen? Entscheidend dabei ist nicht ein bestimmtes Konzept oder ein besonderer Ort, sondern inwieweit sich Menschen mit ihrer persönlichen Lebenswirklichkeit und ihrem Alltag in diese Kleingruppen einbringen können.

Bedürfnisorientierte Evangelisation

Das Geheimnis einer vitalen und wachsenden Gemeinde liegt darin, das Evangelium auf eine Art und Weise weiterzugeben, welche die Fragen und Bedürfnisse von Menschen, die dem christlichen Glauben fernstehen, ernst nimmt und ihnen den Glauben nicht als Produkt, sondern als Lebensentwurf nahebringt.

Liebevolle Beziehungen

Die Liebe ist es, die unsere Beziehung zu Gott ausmacht und die Mitte unseres Miteinanders sein soll. Liebevolle Beziehungen, d.h. im Alltag glaubwürdig gelebte Liebe, verleihen einer Gemeinde eine sehr viel grössere Ausstrahlungskraft, als alle Aktivitäten und die beste Öffentlichkeitsarbeit es vermögen.

Möchtest du mehr über den Prozess erfahren oder einen solchen in deiner Gemeinde anstossen? Dann melde dich über deine Gemeindeleitung bei mir.

 

Christoph Amman, Leitung FEG Schweiz, christoph.ammann@feg.ch